Bei einem Stadtteilspaziergang gibt es einige unbekannte Ecken in Möhringen zu entdecken.

Hinter der Diakoniestation an der Filderbahnstraße, einmal quer über den Parkplatz, ganz versteckt neben den Garagen, liegt der erste Halt des kleinen Stadtteilspaziergangs: der frühere Spitalhofweg. Immerhin fünf ältere Möhringer haben sich am 27. August zum Treffpunkt gewagt und einige unbekannte Ecken im Flecken entdeckt. „Mehr als zwei Leute sind schon eine Gruppe,“ sagt Ingrid Schulte vom Stadtseniorenrat. Sie freut sich über das Interesse. Zusammen mit der Initiative Lebensraum Möhringen (Ilm), der Diakoniestation Möhringen-­Sonnenberg-­Fasanenhof und dem Demenz Support Stuttgart hat Schulte den ersten Stadtteilspaziergang für Menschen mit und ohne Rollator sowie mit und ohne demenzielle Veränderung unternommen.

„Um 1900 hat ein findiger Möhringer entlang des alten Spitalhofweges Schnecken gezüchtet“, erklärt Birgit Dirksmöller von der Ilm, die als Führerin den Stadtteilspaziergang begleitet und einige Anekdoten zum Besten gibt. Dass der Möhringer die Weinbergschnecken dann teuer an Feinkostrestaurants und Geschäfte in Stuttgart verkauft hat, überrascht die Zuhörer. „Das hab ich nicht gewusst“, sagt eine ältere Dame, die immerhin schon mehr als 60 Jahre in Möhringen wohnt.

Neues zu erfahren oder auch alte Erinnerungen auffrischen, ist ein positiver Nebeneffekt der Spaziergänge – nicht nur für demenziell veränderte Menschen. „Es geht um die Bewegung und auch die soziale Teilhabe am Leben“, sagt Anja Rutenkröger vom Demenz Support Stuttgart. Das Projekt „Unterwegs im Stadtteil“, zu dem auch künftig regelmäßig der Stadtteilspaziergang in Möhringen gehören soll, ist bereits 2014 im Stuttgarter Osten angelaufen. Dort wird mittlerweile wöchentlich gemeinsam spaziert. „Wir gehen kleine Strecken mit vielen Pausen“, sagt Ruten­kröger. Dies sei auch für Menschen mit Handicap kein Problem.

Der nächste Zwischenstopp ist am Rathaus. Dirksmöllers Lieblingsgeschichte sorgt für einige Lacher: Ein Geißbock habe sich auf den Balkon des damaligen Ortsvorstehers verirrt und dessen Geranien abgefressen. Als der Hausmeister den Bock zu verscheuchen versuchte, sprang dieser in die Tiefe. Unten auf der Straße fand der Hausmeister wider Erwarten keinen toten Geißbock – dieser war längst über alle Berge. „Und wenn sie nicht gestorben sind…“, ergänzt einer der Teilnehmer und lacht da­ bei herzhaft.

Der Rundgang endet nach gut eineinhalb Stunden in der Martinskirche. Dort erfahren die Teilnehmer, dass der Taufstein noch aus der ursprünglichen Kirche von 1466 stammt. „Ich habe noch einige kleine Ecken, die ich Ihnen beim nächsten Mal zeigen kann“, verspricht Dirksmöller.

(Waltraud Daniela Engel)

Mit freundlicher Genehmigung der Filderzeitung vom 29.08.2015

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