Wenn es dunkel wird, laufen sie durch die Straßen des Stadtbezirks. Doch was sind ihre Aufgaben?

Mit energischen Schritten geht die kleine Frau in ihrem nachtblauen T-Shirt durch die Dämmerung. Mit etwas entspannterem Gang, aber ebenfalls mit nachtblauem Shirt, folgt ihr Kollege. Rita Dormann und Stefan Dongus sind an diesem Abend als Nachtwanderer unterwegs. „Wir wollen präsent sein, jedoch niemanden kontrollieren“, sagt Dormann.

Das Prinzip der Nachtwanderer von der Initiative Lebensraum Möhringen-Fasanenhof-Sonnenberg (Ilm) ist einfach: Sie sind in kleinen Gruppen unterwegs und versuchen, sich mit Jugendlichen zu unterhalten und ihnen – wenn nötig – zu helfen. Der Treffpunkt der Nachtwanderer ist das Haus der Caritas am Möhringer Bahnhof. Hier checken die zwei den Inhalt ihres kleinen gelben Rucksackes: Spucktüten, Flyer, Erfrischungstücher und auch eine Beatmungsmaske. Die ehrenamtlichen Nachtwanderer sind auf alles vorbereitet. „Bisher kamen aber höchstens Mal die Spucktüten zum Einsatz, die Maske haben wir noch nie gebraucht“, sagt Dormann.

Der Riedsee ist ein Treffpunkt

Die erste Anlaufstelle in dieser Nacht ist der Riedsee. „Gerade in einer so warmen Sommernacht wie dieser sind dort sicher viele Jugendliche“, sagt Dormann. Damit hat die Nachtwanderin recht. Bereits vorne am Eingang zum See sitzen mindestens 30 Jugendliche bei Musik und Bier zusam- men. Die Nachtwanderer werden von ihnen aber sofort begrüßt. „Hallo, uns geht es gut, wir passen auf uns auf und nehmen auch unseren Müll wieder mit“, ruft ein Jugendlicher lachend. Dormann und Dongus werden oft erkannt. „Das sind alles Jugendliche aus dem Waldheim, die kennen uns“, sagt Dormann.

Eine weitere Gruppe hat es sich am Riedsee bequem gemacht. Auch bei ihnen stellen sich Rita Dormann und Stefan Dongus vor. Sie stoßen jedoch auf leichtes Misstrauen. „Schreibt ihr uns jetzt auf?“, fragt einer der Jugendlichen. Das verneinen die Nachtwanderer. „Wir schauen lediglich nach euch, wir wollen euch nicht verpfeifen“, sagt Dormann. Daraufhin wünschen die Nachtwanderer eine gute Nacht und ziehen weiter. „Das war eine typische Reaktion für eine Gruppe, die uns nicht kennt“, sagt Stefan Dongus und ergänzt: „Ich bin mir aber sicher, dass sie nächstes Mal anders reagieren.“

Wie geht es weiter?

Letzte Station des Abends ist der Fasanenhof, doch hier ist wenig los. „Heute war eine ruhige Nacht; vermutlich sind viele Jugendliche schon in der Stadt oder zu Hause“, resümiert Dormann.

Wie es um die Zukunft der Nachtwanderer aussieht, ist jedoch ungewiss. „Wir sind leider viel zu wenig aktive Mitglieder und können deswegen auch höchstens einmal im Monat unsere Runde laufen. Das ist leider zu wenig“, sagt Rita Dormann. Auch ihr Kollege Stefan Dongus ist mit der momentanen Situation der Nachtwanderer nicht zufrieden: „Ich würde mir mehr Aufmerksamkeit von der Politik wünschen. Außerdem könnte man auch in anderen Stadtteilen Nachtwanderer einführen und so ein Gemeinschaftsprojekt starten“. Die beiden sehen es als wichtig an, den Jugendlichen mit ihrer Arbeit zu zeigen, dass sie akzeptiert werden. „Ich glaube, es liegt auch im Interesse einer Stadt, dass Jugendliche sich wohlfühlen“, sagt Rita Dormann.

Nachtwanderer: Wer selber Nachtwanderer werden, oder die Nachtwanderer einfach mal auf einer Wanderung begleiten möchte, kann sich bei der Initiative Lebensraum Möhringen- Fasanenhof-Sonnenberg melden. Der Vorsitzende Friedrich Betz ist per Telefon unter der Nummer 0711/7 19 42 61 oder per Mail (Kontakformular auf der Homepage) erreichbar.

(Felizitas Eglof)

Mit freundlicher Genehmigung der Filderzeitung vom 28.08.2018

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Kategorien: Nachtwanderer